Was unsere Demokratie jetzt braucht

#demokratielebt

Überblick

  1. Die Demokratie braucht uns
    1. Unsere Demokratie in Bedrängnis
  2. Die Lebensadern einer Demokratie
    1. Demokratie lebt vom Einsatz aller
    2. Demokratie braucht soziale Sicherheit
    3. Demokratie braucht eine faire Wirtschaft
    4. Demokratie heißt mitgestalten können
    5. Demokratie schützt alle gleich
    6. Demokratie braucht unabhängige Information
    7. Demokratie braucht Geschlechtergerechtigkeit
  3. Handeln für eine lebendige Demokratie
    1. Was du jetzt tun kannst
    2. Werkzeuge für eine lebendige Demokratie

II. Die Lebensadern einer Demokratie

6. Demokratie braucht unabhängige Information

Wir fühlen uns dort zu Hause, wo unsere Anliegen ernst genommen werden. Meinungs- und Pressefreiheit, Transparenz und öffentliche Kontrolle sind Grundlagen für ein demokratisches Miteinander.

Faktenbasierte Information ermöglicht gute Entscheidungen
In Österreich haben wir eine Reihe an Einrichtungen, um politisch, kulturell und sozial am Ball zu bleiben. Bibliotheken gehören dazu genauso wie ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk oder eine unabhängige Statistik. Die Entscheidungen von Abgeordneten, Regierungsmitgliedern und Behörden müssen ausreichend nachvollziehbar sein, weil ihre Beschlüsse direkten Einfluss auf unser Zusammenleben nehmen. Bildung zu offenen und kritikfähigen Menschen ist ein wesentlicher Bestandteil lebendiger Demokratie.

Wer Pressefreiheit einengt und Entscheidungen der öffentlichen Hand unter Verschluss hält, schadet der Demokratie
Eine lebendige Demokratie ist von einem lebhaften Meinungsaustausch geprägt. Der gerät in Gefahr, sobald politische Kommunikation wie eine Einbahnstraße nur noch in eine Richtung verläuft. Wenn kritische Berichterstattung über die Regierungspolitik unterdrückt wird und Journalist*innen nicht mehr ungehindert arbeiten können, fehlen den Menschen für ihre Meinungsbildung wichtige Informationen. Das ist auch der Fall, wenn nur mehr jene Daten erhoben und veröffentlicht werden, die im Interesse der Regierung sind. Je mehr kritische Berichterstattung nur mehr von kleinen, unabhängigen Medien (die selbst von Kürzungen bedroht sind) geleistet wird, desto aufwändiger wird es, sich einen Überblick zu verschaffen. Starres Festhalten am umfassenden Amtsgeheimnis und das Fehlen eines Informationsfreiheitsgesetzes verschlimmern die Situation zusätzlich.

Zusammen für unabhängige Medien und Informationsfreiheit
In einer Welt, die immer unüberschaubarer wird, sind faktenbasierte öffentliche Diskussionen und verlässliche Informationen eine Grundvoraussetzung für demokratische Prozesse und eine lebendige Demokratie. Dafür braucht es einen finanziell und politisch unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, unabhängige Statistiken, Pressefreiheit und vielfältige Medien, deren Existenz gesichert ist. Bürger*innen müssen ebenso Zugang zu möglichst allen Dokumenten und Entscheidungen der Politik und Verwaltung haben. Nur so bleiben deren Arbeit und Angaben überprüfbar.

Illustration: Hand mit 'Mikro-Faust'#DemokratieLebt: Wir für den ORF

Eine lebendige Demokratie braucht einen funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dafür setzt sich die Initiative Wir für den ORF ein, entstanden rund um die Diskussionen über ORF-interne Einsparungen, Regierungseinfluss und die angekündigte Kürzung oder Streichung der Rundfunkgebühr.

Einer der Initiatoren der zivilgesellschaftlichen Initiative ist der Autor und Musiker Gerhard Ruiss. Während der vergangenen Monate hat sich die Initiative gegen vermehrte Parteipolitik in den Aufsichtsratsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die in Aussicht gestellte Kürzung oder gar Einstellung der Rundfunkgebühren gestellt. Ruiss findet deutliche Worte:

Wenn der ORF seine Eigenfinanzierungsberechtigung verliert, wird er zum Staatsfunk. Die Regierung beschließt, welche Mittel er wofür erhält, und es ist mit seiner Unabhängigkeit vorbei. Aber man kann natürlich auch über seine Neustrukturierung und über gekürzte Geldmittel Abhängigkeiten schaffen.

Zuletzt sei es zu einem neuen Verständnis von Medien gekommen, die vermehrt als Dienstleister verstanden würden – und es in Form von Gratiszeitungen und Internetmedien auch sind. Hier habe die letzte Regierung angesetzt. Ruiss führt den stark intensivierten Druck auf Journalist*innen, Redaktionen und Medien an, der nicht mehr nur über direkte Intervention ausgeübt, sondern auch öffentlich demonstriert worden sei. Zu denken ist dabei etwa an einen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats, der dem beliebten Anchorman Armin Wolf ganz unverblümt eine Auszeit nahegelegt hatte. Aber auch im Satirebereich habe man zuletzt keinen Spaß verstanden:

Auswirkungen sind, wenn, wie zuletzt, der ORF einen Satz in einer Satire überpiepst, oder dass er sich in einer Sendung im Anschluss an ein Interview mit einem Satiriker von dessen Äußerungen distanziert.

Gerade weil der ORF im hierzulande stark konzentrierten Medienmarkt eine bedeutende Rolle spielt, ist die Sicherung seiner Unabhängigkeit von so großem Wert. Das finden offensichtlich gar nicht wenige Bewohner*innen, die im Frühjahr bereits für den Erhalt eines unabhängigen Rundfunks demonstriert haben. Gerhard Ruiss bringt es trocken auf den Punkt: Der ORF sei nicht dazu da, um Gewinne abzuwerfen, er ist dazu da, um die Grundversorgung mit Information, Kultur und Bildung zu garantieren.

Mann liest in einer Zeitung#DemokratieLebt: Forum Informationsfreiheit

Spätestens seit der Ibiza-Affäre im Frühjahr 2019 fragen sich viele Österreicher*innen: ist all das möglich, was FPÖ-Politiker im Video besprochen haben?

Können Parteien einfach am Rechnungshof vorbei Spenden annehmen, können Politiker*innen Einfluss auf Medien ausüben und beeinflussen, wer welche Staatsaufträge bekommt? Und das alles unbemerkt von den Bürger*innen?

Das Handeln von Politik und Verwaltung muss endlich transparent werden. Bei der Parteienfinanzierung braucht es klare Regeln, echte Kontrolle und abschreckende Konsequenzen bei Verstößen, sagt Mathias Huter vom Forum Informationsfreiheit (FOI). Als Reaktion auf Ibiza hat das FOI die Petition transparenzgesetz.at für eine saubere Politik gestartet.

Seit 2013 engagiert sich die Bürgerrechtsorganisation für ein Informationsfreiheitsgesetz. Österreich ist das letzte EU-Mitgliedsland, das seinen Bürger*innen kein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten einräumt.

Sogar im weltweiten Vergleich unter knapp 130 Ländern, die ihren Bürger*innen ein Recht auf Zugang zu staatlicher Information einräumen, liegt Österreich mit dem am wenigsten bürgerfreundlichen Gesetz seit Jahren an letzter Stelle.

Bei den Parteifinanzen sieht es ebenso düster aus: Andernorts gibt es unabhängige Kontrollen, Straftatbestände bei Verstößen und detaillierte Offenlegungen der Finanzen vor der Wahl. Damit Bürger*innen wissen, wen sie wählen. Das fordert das FOI auch in Österreich. Bislang vergeblich.

Über das FOI-Portal FragDenStaat.at können Bürger*innen einfach Anfragen nach den Auskunftspflichtgesetzen an Verwaltungsbehörden stellen – und diese samt Antwort öffentlich machen. Wird Auskunft verweigert, zieht das FOI immer wieder vor Gericht, um so Transparenz durchzusetzen.

Denn die letzten Regierungsmehrheiten weigerten sich trotz gegenteiliger Versprechen, ein Bürgerrecht auf Information zu beschließen. Die Ibiza-Affäre hat klar gezeigt, dass es endlich umfassende Transparenz braucht.

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