Was unsere Demokratie jetzt braucht

#demokratielebt

Überblick

  1. Die Demokratie braucht uns
    1. Unsere Demokratie in Bedrängnis
  2. Die Lebensadern einer Demokratie
    1. Demokratie lebt vom Einsatz aller
    2. Demokratie braucht soziale Sicherheit
    3. Demokratie braucht eine faire Wirtschaft
    4. Demokratie heißt mitgestalten können
    5. Demokratie schützt alle gleich
    6. Demokratie braucht unabhängige Information
    7. Demokratie braucht Geschlechtergerechtigkeit
  3. Handeln für eine lebendige Demokratie
    1. Was du jetzt tun kannst
    2. Werkzeuge für eine lebendige Demokratie

II. Die Lebensadern einer Demokratie

2. Demokratie braucht soziale Sicherheit

Soziale Sicherheit ist eine Lebensader jeder lebendigen Demokratie. Wenn wir einander den materiellen Freiraum verschaffen, um unsere Talente und Stärken zu entdecken und leben zu können, gewinnen wir alle.

Ein gut ausgebauter Sozialstaat ermöglicht es vielen, sich zu beteiligen
Der österreichische Sozialstaat ist eine schützenswerte Errungenschaft. Soziale Sicherheit gibt es in Österreich nur, weil wir unsere gemeinsamen Bedürfnisse und Rechte ernst nehmen: Sauberes Trinkwasser gehört ebenso dazu wie z.B. öffentliche Schulen, ein flächendeckendes Gesundheitssystem, Arbeitslosengeld und Pensionen. Diese öffentliche Versorgung bietet den nötigen Rahmen für ein Leben in Würde. Das ist die Grundlage für Freiheit und Entwicklung jeder und jedes Einzelnen.

Wer den Sozialstaat zerstört, schadet der Demokratie
Wenn die Abdeckung der lebensnotwendigen Bedürfnisse zur reinen Geldfrage wird, geht das auf Kosten von Sicherheit und Würde jedes einzelnen Menschen. Wenn Mindestsicherung und Notstandshilfe beschnitten werden, treibt das einen Keil in die Gesellschaft: Bildung und Gesundheit kosten ohnehin viel. Das wird spürbar, wenn etwa Schulschikurse anstehen oder neue Brillengläser nötig sind. Werden Menschen ohne Geld und Job immer weiter an den Rand gedrängt, wird ihnen auch der Raum, sich in die Gesellschaft einzubringen, genommen. Wir sind dann immer stärker gezwungen, aneinander vorbei zu leben. Verarmen die Menschen, verarmt auch die Demokratie.

Zusammen für eine sichere Zukunft
Schicksalsschläge wie Krankheit oder Jobverlust dürfen nicht zu einer existentiellen Belastung werden, die Menschen vom gesellschaftlichen Leben ausschließt. Frauen sollten nicht vorwiegend mit Kindern und der Betreuung alter und kranker Mitmenschen beschäftigt sein. Alle sind daher gefragt, sich einzubringen, wenn es um den Erhalt und Ausbau sozialer Sicherheit geht. Pflege muss als gesellschaftliche Aufgabe organisiert werden. Nur so kann unser geballtes Wissen in Umwelt-, Bildungs- oder Arbeitsfragen zum Wohle aller genutzt werden.

Maria Gluchman#DemokratieLebt: Im Betriebsrat

Maria Gluchman kümmert sich seit vierzehn Jahren um die Anliegen ihrer Kolleg*innen. Sie ist Betriebsrätin bei Billa.

Wieso wollten Sie damals Betriebsrätin werden?
Weil ich gerne für die Anliegen anderer Mitarbeiter*innen eintrete. Zum Beispiel für Mitarbeiter*innen, die sich selbst vielleicht nicht so trauen. Denen helfe ich gerne, das habe ich immer schon gerne gemacht.

Wieso trauen Sie sich dann?
Ich bin kommunikativ und habe schon immer einen Gerechtigkeitssinn gehabt. Ich bin so erzogen worden, dass man respektvoll mit Menschen umgeht, und wenn einer Unterstützung braucht, dass ich mich anbiete und helfe.

Gerade waren Sie in einer Filiale unterwegs ...
Ich habe dort oft Termine bei den Mitarbeiter*innen, wenn es Anliegen oder Fragen zu klären gibt. Da komme ich gerne vorbei.

Gibt es typische Anliegen und Probleme der Mitarbeiter*innen?
Es gibt kein Muster. Es gibt alles von Meine Tochter heiratet – wie viele Tage bekomme ich frei? bis zu Wie schaut’s aus mit dem Dienstplan, es ist alles da.

Wieso vertrauen die Beschäftigten ihren Betriebsrät*innen?
Weil wir den Mitarbeiter*innen auf anderer Ebene begegnen und es keine Hierarchie gibt – sondern ich bin für sie da.

Wieso braucht es Betriebsrät*innen?
Weil sie das Sprachrohr der Mitarbeiter*innen sind, die sich selbst nicht unbedingt eine Rechtsberatung leisten können. Das ist eine der wichtigen Institutionen für Beschäftigte – neben Gewerkschaften und Arbeiterkammer, die für die Mitarbeiter*innen da sind.

Wieso ist es wichtig, Kollektivverträge zu haben?
Weil Kollektivverträge auf Branchenebene den Lohn für alle Angestellten sichern. Nicht alle Betriebe haben Betriebsräte. Verhandlungen auf Betriebsebene zu stärken ist daher nichts für die Allgemeinheit – gerade die ohne Vertretung vor Ort würden dadurch nämlich geschwächt. Auf betrieblicher Ebene kann man ja zusätzliche Verbesserungen erwirken, das ist ja nicht verboten.

Armutskonferenz#DemokratieLebt: Wir gemeinsam von der österreichischen Armutskonferenz

Dort, wo der Sozialstaat geschwächt und abgebaut wurde, sind viele Menschen stärker vom Abstieg in die Armut bedroht. Diese Erkenntnis hat die Armutskonferenz bei ihrer Kampagne Wir gemeinsam angeleitet. Nimmt man neben Einkommen auch Konsum und Vermögen in den Blick, dann zerfällt die österreichische Mitte in einen Teil mit und einen Teil ohne Reserven. Die Angehörigen von Letzterem leben so lange in relativem sozialen Wohlstand, solange es Systeme zum sozialen Ausgleich gibt. Entzieht man hingegen dem Sozialstaat sein Fundament, dann kann es für diese Menschen relativ schnell sehr eng werden. Soziale Einschnitte können jeden treffen, sei es durch Krankheit oder einen Jobverlust. Als Netzwerk sozialer Hilfsorganisationen möchte die österreichische Armutskonferenz genau darauf aufmerksam machen.

Judith Pühringer von arbeit plus ist mit ihrem Netzwerk von sozialen Unternehmen Mitglied der Armutskonferenz. Sie macht auf einen Zusammenhang aufmerksam, der zwar wissenschaftlich gut erforscht ist, aber in der Öffentlichkeit wenig Beachtung findet: Soziale Sicherheit bringt auch große Arbeitsproduktivität mit sich. Das mag auf den ersten Blick nicht selbsterklärend sein, findet aber im Alltag der Betroffenen seine Entsprechung: Wenn Menschen ihre Existenz gut abgesichert haben, dann können sie überhaupt erst darüber nachdenken, Arbeit aufzunehmen, und sich mit Fragen von Mobilität und Kinderbetreuung beschäftigen, erklärt Pühringer.

Wer dagegen jeden Tag bangen muss, ob er oder sie sich das Notwendigste leisten kann, hat dafür keine inneren Ressourcen frei. Dann lassen sich auch wenig Mut und Selbstvertrauen entwickeln, um positiv in die Zukunft zu blicken. Ein gut ausgebauter Sozialstaat ist – so bringt es Judith Pühringer auf den Punkt – in Wirklichkeit eine Grundvoraussetzung.

Judith Pühringer ist Geschäftsführerin von arbeit plus. Die Betriebswirtin und Arbeitsmarktexpertin leitet den landesweiten Zusammenschluss von 200 gemeinnützigen, arbeitsmarktpolitischen Unternehmen – darunter Cafés, Radwerkstätten, Frauenberatungsstellen und Handwerksbetriebe. Hier finden Menschen nach langjähriger Arbeitslosigkeit wieder Beschäftigung. Die öffentlich geförderten Angebote unterstützen Menschen mit Beeinträchtigungen, Mädchen und Frauen, Jugendliche, ältere Menschen, Migrant*innen, Personen mit Suchterkrankungen und Haftentlassene.

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